Erde als Endlager für Atommüll in der Asse treten Recycling und Nachhaltigkeit.

Das Entsetzen über den Umgang mit den Schätzen der Natur als Mülldeponie hochgefährlicher Stoffe drückt auch Dieter Michaelsen in seinen beiden Mischtechniken „Ablagerungen“ aus. Millionenjahre alte mineralisierte Fossilien, Muscheln und Ammoniten, die Boten der ehemaligen reichen Meeres- und Stromlandschaft sind, werden achtlos mit Atommüllresten vermengt. Da liegen Schmerz und Entsetzen, Wut in den Bildern. Emotionen bestimmen auch seine Figur aus Beton: „Die Enkelin – sie wagt einen Schritt“, hier sind das Ablösen, Loslassen, das Verzagen und Wagen, den Schritt machen, das Sorgen, Bechützen, eingebunden in plastische Form und Geste.

Bernd Otto Schlender ist dieses Jahr mit insgesamt fünf plastischen Arbeiten aus Metall vertreten. In seiner zwei Meter hohen Großform „Kreuzstele“ entwickeln sich geometrische Konstruktionsprozesse parallel zur Natur. Wuchsform und statische Konstruktion werden ausgelotet.
Die riesigen Blattformen entfalten sich flügelhaft, umrahmen den farbigen Blütenstempel und unterstreichen das bewegte und kraftvolle Aufstreben. Um Körper, um Bewegungen geht es in seiner „Blumenwiese“. Jede Blume ist mit einer eigenen Haltung, einer anderen Form des Aufstrebens, des nach Licht Suchens ausgestattet, arrangiert wie eine als eng miteinander kommunizierende bunte Gesellschaft Gleichgesinnter.

Reinhard Wessolek interpretiert die Zwischenräume als eine Landschaft aus freien, der Natur und der Technik entlehnten Formen, die sich wie zu einer Industrie-Modellandschaft zusammenfügen. Gerippe eines Hochofens, Korbgeflecht, Mohnkapsel und Blütenkelch zugleich. Die wunderbar leichten Drahtgeflechte von Wessolek vermitteln zwischen Tradition und Moderne, zwischen Handwerks- und Industrieform, archaischen Formenwelten und Alltagsgerät. Von alters her wurden aus Zweigen, Flechtwerk Tröge, Tragen, Körbe, Schalen gefertigt mit runden üppigen Formen.

Durchdringung, Verpflechtung, Verschmelzung und Überlagerung, Abdeckung, Aufsprengung. Die Bilder „Salzquelle“ und „Ohne Titel“ von Peter Herzog lassen unterschiedliche Strategien erkennen, mit denen sich Zeitschichten durch Farbspuren verselbstständigen. Bilder, die wie Tastobjekte anmuten, Gebilde zwischen Malerei, Relief, fast Skulptur, das ist ein fester Bestandteil des Werkes von Herzog. Er ist Maler und gleichzeitig ein Bildarbeiter, der in großen, vielschichtigen Farbflächen denkt. Es sind Bilder, die uns tief mit der Stofflichkeit aber auch mit der unerschöpflichen Vielfalt des Materials Farbe vertraut werden lassen.

Bildarbeiterin ist auch Heide Lühr-Hassels, die mit ihrer großformatigen Arbeit „Zwischenräume: Blickwinkel“ eine monumentale, horizontal angelegte Farblandschaft entworfen hat. Sie lädt uns ein, tief in den Bildraum zu blicken. Es ist eine geheimnisvolle, dunkle Landschaft, durch die wir auf einen von Licht und bunten Farbpunkten durchsetzten Raum blicken, es sind Andeutungen von Dachformen zu sehen, menschliche Behausungen. Lühr-Hassels arbeitet nicht nur traditionell mit dem Pinsel, hier wird geschichtet, gekratzt, geträufelt, gestrichen, gegossen, schwarze Wellen und Kaskaden, Farben in Rinnsalen verlaufend. Ihre Bilder tragen Spuren wie ein Sammelbecken gelebten Lebens und erfahrener Zeit.

Gunther Fritz tendiert in „Salzgitter 1+2“ zwar zum Gegenstandslosen, bewahrt jedoch immer Rudimente des Physiognomischen. Dabei bleiben wie zum Beispiel das Wasser oder Ufergräser als Motive zumeist soweit intakt, dass sie gerade noch als solche erkennbar sind. die Textur, der Zwischenraum dieser Koordinaten des Lebens, bilden vor allem Erinnerungen, Träume, einzelne Gedankensplitter. Eine ähnliche räumliche Ausfaltung geschieht durch das in seinen Bildern gestreute Nebeneinander der Formen und Farben.

Zwischenräume, das sind in den 70 Bildern von Peter Kuhl, turbulente gestisch mimetische Farbformen, die übereinander lagern, sich begegnen und wieder verwischt werden. Es gibt einen Rhytmus und sie sind alle intensiv von Anfang bis Ende. Kuhl schafft auf seinen Bildern keine Fluchträume, keine Illusionen. Die Heiterkeit ist direkt an der Oberfläche, der Traum von ihr ist real, findet bei vollem Bewusstsein statt.

Wolfgang Spittler bringt mit seinen Holzschnitten“Viola“, „!. +2. Geige“ und „Cello“ die menschliche Figur, die Frauen, Musik und Klang ins Spiel. Seit jeher verbinden wir Menschen mit Musik etwas Besonderes. In der griechischen Mythologie gaben der Gott Apoll und die Musen den Menschen die Musik. Spittler übersetzt seinen künstlerischen Kosmos in Klang. Mit farbiger Virtuosität beschreibt er die Holzstöcke mit scharf geschnittenen Details und konstruktivem Kalkül. Die in Holz gebannten Zwischenräume bringen uns die innigen und geistigen Beziehungen des Menschen zur Kunst zurück. Es ist ein eigenes Gefühl, durch die idyllischen Landschaften bei Lichtenberg, Lesse, Gebhardshagen oder Salzgitter-Bad zu fahren und gleichzeitig zu wissen, dass dies alles nur verführerischer Schein ist, dass die wahre Wirklichkeit sich hinter dem Dunst eines oft absonderlich nahen Horizonts verbirgt.
Wenn Umrisse von Waten-oder Lebenstedt sichtbar werden, sieht man die Schornsteine der Werke, die in Grau vor dem Himmel stehen. Nur nachts, wenn alle Wolken fortgewischt sind, tröstet das Bild der kleinen bunten Lichter und wischt den Trübsal über das Verschwinden der Natur hinfort. Es ist eine Wirklichkeit, die immer zu angenehmen Betrachtungen Anlass gibt und dennoch ist sie auch ein Stück Heimat, dennoch hat man eine innige Beziehung zu der Region. 

Darauf kommt Hans-Jürgen Trams „Zwischen Dorfrand und Hütte“ zu sprechen und zitiert Stücke der Vergangenheit, den Doppel-T-Träger, die Zuckerrübe. 

Die hat auch Ursula Trams in ihren Fotografien der „Salzgitter-News“, dem „Universum auf Zetteln“ in Beziehung gesetzt. Regionale Identität und lokaler Raum, begrenzter Raum, der sich mit größeren Berichts- und Ausstrahlungsräumen vermischt. Die Medien sind seit den zwanziger Jahren ohne die Fotografie nicht mehr denkbar.

Rückschlüsse und Veränderungen räumlicher Identität, Ergebnisse des Raumschaffens und gestalteter menschlicher Umwelt betrachtet Susanne Hesch in ihren „Straßen Räumen“ aus Wachs, Acryl und Graphit auf Holz. Anhand von Siedlungsstrukturen und räumlichen Entwicklungen betrachtet sie den Wandel und zeichnet die Formen von Zeitgeschichte nach, die in den gewachsenen Strukturen durch künstliche Formen nachgebaut und geplant werden.

All jene, die Verantwortung tragen für die Zukunft der Region, sei es politisch, wirtschaftlich, können aus all dem, was Künstlerinnen und Künstler, gedanklich, ästhetisch und generationsübergreifend zusammengetragen haben, neue Erkenntnisse gewinnen. Sie sollten es nicht ignorieren.